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Brief für Steuerpflichtige im Privatbereich November 2015


Sehr geehrte Damen und Herren,


dieser Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht des vergangenen Monats informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen. Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Raucherpausen müssen nicht vergütet werden

2.

Dienstreise-Kaskoversicherung: Prämienzahlung muss nicht versteuert werden

3.

Diktiergerät und Excel-Tabelle: Kann damit ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt werden?

4.

Nachzahlung einer Rente: Zinsen sind Kapitaleinkünfte

5.

Zusammenveranlagung trotz neuem Lebensgefährten?

6.

Trinkgelder sind auch in der Spielbank steuerfrei

7.

Verkauf fremder Ware ist unternehmerische Tätigkeit

8.

Hintergrunddienst der Rettungshelfer: Vergütungen sind steuerfrei

9.

Änderung eines Steuerbescheids: Wann liegt arglistige Täuschung vor?

10.

Wann Gewinne aus Pokerturnieren steuerpflichtig sind

11.

Erbschaftsteuer: Wann wird ein Haus für eigene Wohnzwecke genutzt?

12.

Arbeitszimmer: Auch bei Alleinerziehenden nur eingeschränkt absetzbar

13.

Ausbildung und Studium: Wann liegt eine einheitliche Ausbildung vor?

14.

Schenkung: Wann der Mangel der Form geheilt ist

15.

Pflichtveranlagungsgrenze: Wann sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu berücksichtigen?

16.

Falsche Beschuldigungen gegenüber dem Vermieter: Fristlose Kündigung gerechtfertigt

17.

Wohnungseigentum: Darf die Gemeinschaft einen hohen Kredit aufnehmen?

18.

Baum gefällt: Vermieter muss Kosten selbst tragen

19.

Unfall beim Kolonnenfahren: Kein Schadensersatz

20.

Sparguthaben der Kinder: Wann Eltern es verwenden dürfen

21.

Arbeitsunfall in der Pause nur bei besonderem betrieblichen Bezug

22.

Wann darf eine Internet-Auktion vorzeitig abgebrochen werden?

23.

Auslandsführerschein: Fehlende Umschreibung kann teuer werden



1. Raucherpausen müssen nicht vergütet werden

Ein Arbeitnehmer wollte eine Vergütung für seine Raucherpausen haben und zog sogar vor das Arbeitsgericht. Ohne Erfolg – zur Erleichterung des Arbeitgebers.

Hintergrund

Im Betrieb der beklagten Arbeitgeberin konnten die Beschäftigten den Arbeitsplatz für eine sogenannte Raucherpause jederzeit verlassen - ohne sich dafür am Zeiterfassungsgerät an- bzw. abzumelden. Im Zuge des Nichtraucherschutzgesetzes war das Rauchen auf dem Betriebsgelände nur noch auf einer Raucherinsel nahe der Stechuhr erlaubt war. 2012 wurde zwischen den Betriebsparteien eine Betriebsvereinbarung über das Rauchen im Betrieb geschlossen, in der festgelegt wurde, dass beim Entfernen vom Arbeitsplatz zum Rauchen das nächstgelegene Zeiterfassungsgerät zum Ein-und Ausstempeln zu benutzen sei. Die Betriebsvereinbarung trat zum 1. Januar 2013 in Kraft.

Für Januar 2013 wurden dem Kläger 210 Minuten, für Februar 96 und für März 572 Minuten für seine Raucherpausen von der Arbeitszeit abgezogen und nicht vergütet. Das wollte der Arbeitnehmer nicht hinnehmen und erhob im Juli 2014 Klage auf die restliche Vergütung der 3 Monate.

Seine Forderung begründete er damit, dass er einen Anspruch auf Vergütung seiner Raucherpausen aus betrieblicher Übung habe. Aus dem Verhalten der Arbeitgeberin habe er schließen können, dass sie auch künftig Raucherpausen bezahlen werde, da bislang keine Lohnabzüge dafür vorgenommen wurden. Die Raucherpausen im Umfang von durchschnittlich 60 bis 80 Minuten pro Tag seien durch Fortzahlung der Vergütung gebilligt worden. Die Betriebsvereinbarung habe den arbeitsvertraglichen Anspruch aus betrieblicher Übung nicht wirksam geändert, sondern regle nur die Zeiterfassung. Die Frage nach einer Entgeltzahlungspflicht sei davon gerade nicht betroffen.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht schloss sich der Argumentation des Arbeitnehmers nicht an: Je mehr die vom Arbeitgeber gewährte Vergünstigung als Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Leistung anzusehen sei, desto mehr spräche dies dafür, dass Arbeitnehmer auf die Weitergewährung der Leistung vertrauen könnten. Die Bezahlung der Raucherpausen stünde jedoch in keinem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung. Ohne eine Rechtsgrundlage bedürfe es ganz besonderer Anhaltspunkte, damit ein Arbeitnehmer darauf vertrauen könne, auch ohne jede Gegenleistung vom Arbeitgeber bezahlt zu werden. Solche Anhaltspunkte sahen beide Instanzen aber gerade nicht gegeben.

Würde die Arbeitgeberin weiterhin die Raucherpausen vergüten, würde dies eine Privilegierung der Raucherpausen im Vergleich zu den normalen Pausen darstellen, denn auch diese erfolgten in aller Regel unbezahlt. Diese Besserstellung gegenüber nicht rauchenden Arbeitnehmern sei nicht hinzunehmen: Aufs Jahr hochgerechnet arbeite der Arbeitnehmer einen Monat weniger, wolle aber den gleichen Lohn erhalten.

2. Dienstreise-Kaskoversicherung: Prämienzahlung muss nicht versteuert werden

Eine Dienstreise-Kaskoversicherung darf neben den steuerfreien Kilometerpauschalen gewährt werden. Hat also ein Arbeitgeber eine solche Versicherung für private Kfz von Arbeitnehmern abgeschlossen, führt die Prämienzahlung nicht zum Lohnzufluss.

Hintergrund

Benutzt der Mitarbeiter ein eigenes Kfz, können anstelle der tatsächlichen Fahrtkosten aus Vereinfachungsgründen auch pauschale Kilometersätze je gefahrenem Kilometer erstattet werden. Seit dem 1.12014 sind die pauschalen Kilometersätze für die Benutzung von Kraftfahrzeugen im Rahmen von Auswärtstätigkeiten gesetzlich geregelt.

An der Höhe der Kilometerpauschale hat sich aber nichts geändert: Höchstgrenze bei Nutzung eines Kraftfahrzeugs sind das 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer. Die tatsächlichen Kosten werden dann nicht geprüft.

Verwaltungsanweisung

Die Verwaltung weist jetzt in einem Erlass darauf hin, dass die Kilometerpauschale in Höhe von 0,30 EUR unvermindert auch dann gilt, wenn der Mitarbeiter keine eigene Fahrzeug-Vollversicherung, sondern der Arbeitgeber eine Dienstreise-Kaskoversicherung für ein Kraftfahrzeug des Arbeitnehmers abgeschlossen hat.

Die bisherige Verwaltungsanweisung - auf der Grundlage älterer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -, wurde mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Nach dieser Anweisung konnte in diesen Fällen nur eine verminderte Kilometerpauschale steuerfrei ersetzt werden.

3. Diktiergerät und Excel-Tabelle: Kann damit ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt werden?

Mitarbeiter, die einen Firmenwagen privat nutzen dürfen, können den damit verbundenen geldwerten Vorteil nach der 1 %-Regelung oder der Fahrtenbuchmethode berechnen. Bei der Erstellung eines elektronischen Fahrtenbuchs gelten allerdings besonders strenge Regeln, wie ein aktuelles Urteil mal wieder zeigt.

Hintergrund

Der Kläger führte sein Fahrtenbuch in Form eines Diktiergeräts. Dabei diktierte er zu Beginn einer Fahrt den Zweck der Fahrt, das Datum und den Kilometerstand. Unterwegs sprach er besondere Vorkommnisse (z. B. Staus, Straßensperrungen oder Umleitungen) und am Ende wiederum den Kilometerstand auf das Gerät. Während der Eingaben lief das Radio, nach Angaben des Klägers, um seine Angaben zu untermauern. Die Ansagen auf dem Band wurden von seiner Sekretärin im Durchschnitt zweimal wöchentlich in Excel-Dateien übertragen. Die Blätter wurden aufbewahrt und am Jahresende jeweils gebunden. Die Bänder wurden ebenfalls aufbewahrt und nicht überspielt. Der Lohnsteuer-Außenprüfer erkannte das Fahrtenbuch jedoch nicht an und ermittelte den geldwerten Vorteil nach der 1 %-Regelung.

Entscheidung

Die hiergegen gerichtete Klage beim Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Das Fahrtenbuch, dessen Ordnungsmäßigkeit zu überprüfen ist, sind nach dem Urteil die einzelnen vom Kläger im Pkw besprochenen Kassetten und nicht die Excel-Tabellen. Denn letztere können jederzeit geändert werden. Die besprochenen Kassetten stellen aber kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch dar. Sie sind jederzeit änderbar. Jedes einzelne Band kann komplett neu besprochen werden und sie sind nicht gegen Verlust gesichert. Zudem ist nach Auffassung der Richter nicht mit vertretbarem Aufwand überprüfbar, ob die Bänder "eins zu eins" in die Excel-Tabellen übertragen wurden.

Nach Auffassung des Gerichts ist ein nicht handschriftliches, sondern ein mithilfe von elektronischen Aufzeichnungen erstelltes Fahrtenbuch nur dann ordnungsgemäß, wenn die elektronische Aufzeichnung unmittelbar ausgedruckt wird.

4. Nachzahlung einer Rente: Zinsen sind Kapitaleinkünfte

Werden im Zusammenhang mit einer Rentennachzahlung Zinsen gezahlt, gehören diese zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Hintergrund

Eine Steuerpflichtige bezog im Jahr 2006 von der Deutschen Rentenversicherung Bund Einkünfte u. a. aus einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Mit Rentenbescheid vom 2.11.2005 wurde diese Rente neu festgestellt. Der Steuerpflichtigen wurden im Jahr 2006 für die Zeit vom 1.5.1999 bis 31.12.2005 eine Nachzahlung in Höhe von 10.850,08 EUR netto sowie hierauf entfallende Zinsen in Höhe von 1.399,75 EUR ausgezahlt.

Das Finanzamt berücksichtigte die Nachzahlung und die Zinsen im Einkommensteuerbescheid 2006 erklärungsgemäß als sonstige Einkünfte mit einem Besteuerungsanteil von 50 %. Im Einspruchsverfahren begehrte die Steuerpflichtige die Zuordnung der Zinsen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, weil nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrags und des Sparerfreibetrags keine steuerpflichtigen Einkünfte verbleiben würden.

Das Finanzgericht wies die Klage mit der Begründung ab, seit der Neufassung durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) gehörten zu den sonstigen Einkünften Leibrenten und andere Leistungen, die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen erbracht werden. Der Gesetzeswortlaut erfasse auch die Zinsgutschrift.

Entscheidung

Einnahmen aus Kapitalvermögen bezieht derjenige, der Entgelt zur Nutzung überlässt; zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung sind. Unerheblich ist es, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein anderer Rechtsgrund zugrunde liegt. Auch die vom Schuldner erzwungene Kapitalüberlassung kann zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Auszahlung des Kapitals selbst steuerpflichtig ist.

Zinsen, die für eine verspätet gezahlte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gezahlt werden, sind steuerpflichtige Einnahmen. Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche auf Geldleistungen sind nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 % zu verzinsen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollen mit der Zinszahlung Nachteile ausgeglichen werden, die der Berechtigte durch die verspätete Zahlung der Sozialleistungen erleidet. Die Zinsen werden insoweit für das unberechtigte Vorenthalten der Rentenbezüge und zum Ausgleich der mit der verspäteten Zahlung verbundenen Nachteile geleistet. Wirtschaftlich betrachtet sind die Zinsen damit auch Entgelt für die verspätete Zahlung, d. h. die Vorenthaltung von Kapital, und unterliegen deshalb der Besteuerung, und zwar als Einkünfte aus Kapitalvermögen.

5. Zusammenveranlagung trotz neuem Lebensgefährten?

Voraussetzung für die Zusammenveranlagung ist, dass die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben. Ist dieses dauernde Getrenntleben auch dann gegeben, wenn der Ehepartner im Pflegeheim untergebracht ist und der andere Ehepartner mit einem neuen Lebensgefährten zusammenlebt?

Hintergrund

Die Ehegatten A und B sind beide 60 Jahre alt und seit 1980 verheiratet. B erkrankte in 2006 an Demenz. Sie wurde zunächst von A zuhause gepflegt und nach Verschlimmerung der Krankheit in 2012 in ein Pflegheim verlegt. A besucht seine Ehefrau mehrmals die Woche und kommt für die Kosten des Pflegeheims sowie für die zusätzlich entstehenden Krankheitskosten auf. Des Weiteren regelt er auch ihre vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Seit Ende 2013 lebt A mit einer neuen Lebensgefährtin in seinem vormals mit B bewohnten Haus zusammen.

Entscheidung

Nach Ansicht des Finanzgerichts beruht die räumliche Trennung auf zwingenden äußeren Umständen, weil die häusliche Pflege nicht mehr möglich ist. In diesem Fall kann nicht grundsätzlich von einem dauernden Getrenntleben ausgegangen werden, wenn (später) eine neue Beziehung eingegangen wird. Wird nämlich nach der räumlichen Trennung und auch nach Eingehen der neuen Beziehung die eheliche Lebensgemeinschaft in dem noch möglichen Rahmen aufrechterhalten (z. B. Besuche, Erledigung der vermögensrechtlichen Angelegenheiten), zeigt dies, dass nach der inneren Einstellung die persönliche und geistige Gemeinschaft mit der Ehefrau bestehen bleiben soll. Zwar kann nicht mehr von einer fortbestanden Absicht ausgegangen werden, dass nach dem Wegfall der zwingenden äußeren Hindernisse die volle Lebensgemeinschaft mit der Ehefrau wieder hergestellt wird; dies ist aber zumindest dann unbeachtlich, wenn bei einer Krankheit nicht mit einer nachhaltigen Genesung gerechnet werden kann.

Etwas anderes könne auch nicht aus Art. 6 GG hergeleitet werden, weil der resultierende Schutz der Ehe nicht gebietet, dass die steuerliche Zusammenveranlagung zu versagen ist, wenn ein Ehegatte neben einer ehelichen noch eine nichteheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft führt. Auch das Gebot der Einehe wird nicht betroffen, weil der Steuerpflichtige nicht mehrere sondern nur eine Ehe führt. Daher ist hier A und B die Zusammenveranlagung (auch für 2014) zu gewähren.

6. Trinkgelder sind auch in der Spielbank steuerfrei

Zahlen Kunden einer Spielbank an die Saalassistenten für das Servieren von Speisen und Getränken Trinkgelder, sind diese steuerfrei. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber als eine Art Treuhänder bei der Aufbewahrung und Verteilung der Gelder eingeschaltet ist.

Hintergrund

K war in einer Spielbank als eine Art Kellner (sog. Saalassistent) mit dem Bedienen der Spielbankkunden betraut; er gehörte nicht zum spieltechnischen Personal. Im Gehaltstarifvertrag der Spielbank wurden die freiwilligen Zuwendungen von Besuchern an die Saalassistenten als Trinkgelder bezeichnet, die arbeitstäglich zu erfassen und ausschließlich zugunsten der Saalassistenten zu verwenden sind. Die Saalassistenten erhielten aus dem Aufkommen monatlich vorab einen pauschalen Anteil, der Restbetrag wurde nach einem festgelegten Punktesystem von der Spielbank an diese verteilt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass es sich dabei nicht um steuerfreie Trinkgelder gehandelt habe. Das Finanzgericht wies die Klage ab. Die Zuwendungen seien nicht steuerfrei, weil sie dem Arbeitgeber zugeflossen und von diesem an die Arbeitnehmer gezahlt worden seien. Die Zuwendungen seien deshalb steuerpflichtiger Arbeitslohn.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gab dem Kläger Recht; er betrachtete die Zuwendungen als steuerfreie Trinkgelder.

Seine Begründung: Bei den von den Spielbankkunden an die Saalassistenten über den Rechnungsbetrag hinaus gezahlten Geldern handele es sich um freiwillige Zahlungen, auf die kein Rechtsanspruch bestehe. Zwischen dem Leistenden und dem Empfänger liege die für ein Trinkgeld typische persönliche und unmittelbare Leistungsbeziehung vor. Ein Trinkgeldannahmeverbot bestehe hier nicht. Auch wenn die Trinkgelder erst von der Spielbank an die Saalassistenten ausgezahlt würden, müsse von einer "Zuwendung durch einen Dritten" ausgegangen werden, weil der Arbeitgeber Spielbank lediglich als eine Art Treuhänder bei der Verteilung der Einnahmen eingeschaltet worden sei. Dieses Verteilungssystem sei vergleichbar mit einer "Poolung von Einnahmen", wie sie beispielsweise bei Richtfestgeldern oder im Friseurgewerbe üblich seien.

7. Verkauf fremder Ware ist unternehmerische Tätigkeit

Wer planmäßig, wiederholt und mit erheblichem Organisationsaufwand fremde Ware über das Internet in eigenem Namen verkauft, übt eine unternehmerische und damit umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit aus. Das gilt auch für Pelzmantelsammlung der verstorbenen Schwiegermutter.

Hintergrund

Eine selbstständige Finanzdienstleisterin (F) verkaufte in den Jahren 2004 und 2005 über eine Internethandelsplattform mindestens 140 Pelzmäntel für insgesamt ca. 90.000 EUR an einzelne Erwerber. Nach den Angaben der F stammten die Pelzmäntel aus der privaten Pelzmantelsammlung ihrer verstorbenen Schwiegermutter, deren Haushalt sie auflöste. Die unterschiedliche Größe der verkauften Pelze begründete F damit, dass sich eine Kleidergröße "schon mal ändern könne". Der Verkauf einer privaten Sammlung sei keine unternehmerische Tätigkeit.

Das Finanzamt hielt das Vorbringen der F nicht für glaubhaft und setzte für die Verkäufe Umsatzsteuer fest.

Das Finanzgericht gab der Klage der F statt. Denn der Bundesfinanzhof hatte zu Briefmarken- und Münzsammlern entschieden, dass die Veräußerung als letzter Akt einer privaten Sammlertätigkeit selbst dann nicht zu einer Besteuerung als Unternehmer führe, wenn Erlöse in beachtlichem Umfang erzielt würden.

Entscheidung

Dagegen entschied der Bundesfinanzhof, dass F unternehmerisch tätig gewesen sei.

F habe keine eigenen, sondern fremde Gegenstände im eigenen Namen verkauft. Bereits deshalb sei der Streitfall nicht mit den vom Finanzgericht herangezogenen Urteilsfällen vergleichbar. Darüber hinaus seien Pelzmäntel – anders als Briefmarken oder Münzen – keine typischen Sammlerstücke, sondern Gebrauchsgegenstände. Mit der Verkaufstätigkeit eines privaten Sammlers habe die Tätigkeit der F somit nichts zu tun.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse stellt sich deshalb die Tätigkeit der F als unternehmerisch dar. F habe aktive Schritte zur Vermarktung der Pelzmäntel unternommen und sich dabei ähnlicher Mittel bedient wie z. B. ein Händler. Damit habe sie das maßgebliche Beurteilungskriterium dafür, dass eine unternehmerische Tätigkeit vorliegt, erfüllt.

8. Hintergrunddienst der Rettungshelfer: Vergütungen sind steuerfrei

Rettungshelfer sind nicht nur für Rettungseinsätze da. Sie werden z. B. auch für den Hintergrunddienst von Hausnotrufbetreibern benötigt. Die für diese Tätigkeit gezahlte Vergütung ist steuerfrei.

Hintergrund

Ein gemeinnütziger Verband der freien Wohlfahrtspflege behandelte Aufwandsentschädigungen an Helfer im sog. Hintergrunddienst des Hausnotrufdienstes als steuerfrei. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, dass die Steuerfreiheit nur insoweit eingreife, als die Helfer tatsächlich Rettungseinsätze ausführten. Die eigentliche Tätigkeit im Hausnotrufdienst falle jedoch nicht darunter.

Gegen die vom Finanzamt erlassenen Lohnsteuer-Nachforderungsbescheide legte der Verein erfolglos Einspruch ein.

Entscheidung

Die Klage hatte jedoch Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die an die Helfer im sog. Hintergrunddienst des Hausnotrufs gezahlten Vergütungen vollumfänglich der Steuerbefreiung unterliegen. Nach der gesetzlichen Regelung bleiben Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten u. a. zur Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke bis zur Höhe von 2.400 EUR steuerfrei. Die Tätigkeit der Helfer im sog. Hintergrunddienst des Hausnotrufs beinhaltet auch die Pflege alter, kranker und behinderter Menschen. Dies gilt sowohl für die Zeiten, in denen die Helfer tatsächlich Rettungseinsätze ausführen, als auch für die Bereitschaftszeiten für derartige Einsätze. Denn wenn schon die bloße körperliche Pflege eines Menschen begünstigt ist, muss dies erst recht für dessen Lebensrettung und Gesunderhaltung gelten. Dies gilt jedoch nicht nur, soweit die Helfer im Hintergrunddienst tatsächlich Rettungseinsätze ausführen, sondern auch für die Zeiten, in denen sie sich für solche Einsätze lediglich bereithalten.

9. Änderung eines Steuerbescheids: Wann liegt arglistige Täuschung vor?

Hat der Steuerpflichtige seinen Sachverhalt im Veranlagungsverfahren vollständig offengelegt und im Einspruchsverfahren lediglich eine andere rechtliche Würdigung vorgetragen, kann das Finanzamt den bestandskräftig gewordenen Steuerbescheid nicht mehr ändern. Denn es liegen weder neue Tatsachen noch arglistige Täuschung vor.

Hintergrund

Die Eheleute wurden für 2007 zusammen zur ESt veranlagt. Die Ehefrau (F) war bis 30.6 bei A und ab 1.7. bei B beschäftigt. F erklärte eine Bruttoarbeitslohn von ./. 20.201 EUR und Entschädigungen von 174.034 EUR. Ihre Arbeitgeber übermittelten dem Finanzamt elektronisch für 1.1. bis 30.6. einen Bruttoarbeitslohn von ./. 26.980 EUR und einen ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn von 174.034 EUR (und v. 1.7. bis 31.12. einen Bruttoarbeitslohn von 6.920 EUR).

F reichte einen mit A geschlossenen Aufhebungsvertrag ein. Danach sollte sie wegen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6. eine Abfindung von 174.034 EUR erhalten, von der 50.017 EUR in eine Direktversicherung einbezahlt werden sollten. Außerdem reichte sie eine Bescheinigung der A mit einer Aufstellung der bescheinigten Summe in der Lohnsteuer-Bescheinigung ein. Danach hatte A die Einzahlung in die Direktversicherung bei der Berechnung des eingetragenen Bruttoarbeitslohn statt bei der Abfindung als Abzugsposten berücksichtigt und gelangte so zu einem Bruttoarbeitslohn von ./. 26.980 EUR.

Bei der Einkommensteuer-Festsetzung wies das FA darauf hin, dass der Bruttoarbeitslohn 29.956 EUR betrage. Ein Abzug vom Bruttoarbeitslohn sei ausgeschlossen.

Dagegen legten die Eheleute Einspruch ein. Das Finanzamt half (durch eine andere Sachbearbeiterin) dem Einspruch mit Änderungsbescheid ab; dieser wurde bestandskräftig.

Später stellte das Finanzamt anlässlich bei einer bei A durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung fest, dass die Beiträge zur Direktversicherung nicht mit der Abfindung, sondern mit dem Bruttoarbeitslohn verrechnet worden waren. Daraufhin erließ das Finanzamt einen geänderten Bescheid und berücksichtigte dabei – wie im ursprünglichen Bescheid v. 25.11.2008 – einen Bruttoarbeitslohn von 29.956 EUR und eine Entschädigung von 124.017 EUR.

Das Finanzgericht gab der Klage statt, da der Bescheid weder wegen neuer Tatsachen noch wegen arglistiger Täuschung habe geändert werden dürfen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigt die Auffassung des Finanzgerichts, dass die Voraussetzungen für die Änderung des bestandskräftigen Änderungsbescheids nicht vorliegen.

Der Bescheid konnte nicht wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen geändert werden. Denn dem Finanzamt waren bereits beim Erlass des Änderungsbescheids sämtliche für die Besteuerung maßgeblichen Tatsachen bekannt, nämlich der Auflösungsvertrag, die Abfindung, die Einzahlung in eine Direktversicherung sowie dass A in der Lohnsteuer-Bescheinigung die Einzahlung in die Direktversicherung bei der Berechnung des Bruttoarbeitslohns (statt bei der Entschädigung) als Abzugsposten berücksichtigt hatte. Auf die individuelle Kenntnis bzw. Unkenntnis der neu zuständigen Sachbearbeiterin kommt es dabei nicht an. Die abweichende rechtliche Würdigung ist keine neue Tatsache.

Auch eine Änderung wegen arglistiger Täuschung kommt nicht in Betracht. Zwar darf ein Bescheid geändert werden, wenn er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung usw. erwirkt worden ist. Unter arglistiger Täuschung ist die bewusste und vorsätzliche Irreführung zu verstehen, wie jedes vorsätzliche Verschweigen oder Vortäuschen von Tatsachen, durch das die Willensbildung der Behörde unzulässig beeinflusst wird. Das liegt hier nicht vor. Der schlichte Vortrag einer anderen Rechtsauffassung ist nicht arglistig oder in sonstiger Weise unlauter.

10. Wann Gewinne aus Pokerturnieren steuerpflichtig sind

Wer gelegentlich mit Freunden eine Partie Poker spielt, muss sich um die Besteuerung seines Gewinns keine Gedanken machen. Bei der regelmäßigen Teilnahme an Pokerturnieren mit hohen Preisgeldern sollte man allerdings bedenken: Gewinne aus der Teilnahme an Pokerturnieren können als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterliegen.

Hintergrund

Der Kläger hatte über Jahre hinweg hohe Preisgelder aus der Teilnahme an Pokerturnieren (u. a. in den Varianten "Texas Hold´em" und "Omaha Limit") erzielt. Das Finanzamt hat diese der Einkommensteuer unterworfen. Das Finanzgericht hat entschieden, dass die Einkünfte des Klägers aus Turnierpokerspielen einkommensteuerbar sind.

Entscheidung

Dieses Urteil hat der Bundesfinanzhof jetzt bestätigt. In der Urteilsbegründung haben die Richter erläutert, dass das Einkommensteuergesetz die Besteuerung weder in positiver noch in negativer Hinsicht an den Tatbestand des "Glücksspiels" knüpft. Soweit dieser Begriff in Vorschriften des Straf- oder Verwaltungsrechts ausdrücklich genannt ist, ist dies für die Beurteilung der Frage, ob in steuerlicher Hinsicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden, nicht maßgeblich.

Zwar hat die ältere finanzgerichtliche Rechtsprechung eine "Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr" – eines der Merkmale des einkommensteuerlichen Begriffs des Gewerbebetriebs – verneint, wenn eine Tätigkeit sich als "reines Glücksspiel" darstellte (z. B. Lottospiel). Im vorliegenden Verfahren wurde aber durch Auswertung zahlreicher Quellen festgestellt, dass die vom Kläger gespielten Pokervarianten nicht als reines Glücksspiel anzusehen seien, sondern schon bei einem durchschnittlichen Spieler das Geschicklichkeitselement nur wenig hinter dem Zufallselement zurücktrete.

Dies bedeutet nicht, dass jeder Turnierpokerspieler mit dieser Tätigkeit einkommensteuerlich zum Gewerbetreibenden wird. Vielmehr ist stets zwischen einem "am Markt orientierten" einkommensteuerbaren Verhalten und einer nicht steuerbaren Betätigung abzugrenzen. Diese Abgrenzung findet aber vorrangig nicht bei einem Merkmal des "Glücksspiels" statt, sondern bei den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen der Nachhaltigkeit und der Gewinnerzielungsabsicht, ggf. auch bei der erforderlichen Abgrenzung zu einer privaten Vermögensverwaltung. Diese weiteren Merkmale des einkommensteuerlichen Gewerbebegriffs waren im Fall des Klägers nach den Feststellungen der Vorinstanz aber ebenfalls erfüllt.

11. Erbschaftsteuer: Wann wird ein Haus für eigene Wohnzwecke genutzt?

Die Befreiung von der Erbschaftsteuer für ein Familienheim wird nur gewährt, wenn das Haus selbst zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Dies gilt auch dann, wenn der Erwerber aus zwingenden beruflichen Gründen an der Nutzung für eigene Wohnzwecke gehindert ist.

Hintergrund

K ist Alleinerbe seines in 2009 verstorbenen Vaters V. Zum Nachlass gehörte ein von V selbst genutztes Einfamilienhaus, das K nach dem Erbfall renovierte und ab August 2010 vermietete. Weder K noch seine Familie nutzten das Haus zu eigenen Wohnzwecken. Seit 2006 ist K als Professor an der Universität X tätig. Er hatte sich dazu verpflichtet, seinen Wohnsitz an den Dienstort oder in dessen Nähe zu verlegen. Dort wohnt er auch, seit 2010 in einem von den Eheleuten neu errichteten Haus.

In der Erbschaftsteuer-Erklärung machte K die Steuerbefreiung für ein Familienheim geltend. Er gab an, eine Selbstnutzung des von V geerbten Hauses sei wegen seiner beruflichen Tätigkeit mit Residenzpflicht in X bei der Entfernung von 500 km aus objektiv zwingenden Gründen nicht möglich.

Das Finanzamt versagte die Steuerbefreiung, weil die berufliche Tätigkeit des K kein zwingender Grund dafür sei, das Haus nicht für eigene Wohnzwecke zu nutzen. Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Klage als unbegründet ab.

Die Steuerbefreiung erfasst u. a. die Wohnung in einem mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück, wenn die Wohnung beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist. Die Bestimmung zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt vor, wenn der Erwerber die Absicht hat, das Haus selbst zu nutzen und diese Absicht auch tatsächlich umsetzt. Der Erwerber muss also tatsächlich in die Wohnung einziehen und diese entsprechend nutzen.

Es genügt nicht, wenn der Erwerber lediglich angibt, die Wohnung sei zur Selbstnutzung bestimmt, könne aber aus zwingenden Gründen nicht für eigene Wohnzwecke genutzt werden. Die Steuerbefreiung scheidet daher aus, wenn der Erwerber von vornherein gehindert ist, die Wohnung für eigene Wohnzwecke zu nutzen und deshalb auch tatsächlich nicht einzieht. Die Gründe, die der Aufnahme der Selbstnutzung entgegenstehen sind unerheblich. Eine Steuerbefreiung kommt daher selbst dann nicht in Betracht, wenn zwingende Gründe den Erwerber an einer Selbstnutzung hindern. Nimmt der Erwerber die Selbstnutzung überhaupt nicht auf, ist das erworbene Haus kein Familienheim und damit der Erwerb nicht steuerbefreit.

12. Arbeitszimmer: Auch bei Alleinerziehenden nur eingeschränkt absetzbar

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können auch von einer alleinerziehenden Mutter nur eingeschränkt steuerlich geltend gemacht werden.

Hintergrund

Die Klägerin ist bei einer Verwaltungsbehörde beschäftigt. Nach ihrer Scheidung traf sie mit ihrem Arbeitgeber eine Vereinbarung über Telearbeit. Nach dieser Vereinbarung musste sie nur vormittags im Büro anwesend sein und konnte am Nachmittag zu Hause arbeiten, um ihren Sohn betreuen zu können. Dort nutzte sie ihre private Büroeinrichtung, ihr Arbeitgeber stellte nur das Verbrauchsmaterial (Papier, Tintenpatronen für den Drucker, Disketten, Software usw.) zur Verfügung und erstattete ihr dienstlich notwendige Telefon-, Fax- und Internetkosten.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2011 machte die Klägerin die Aufwendungen für ihren Telearbeitsplatz (1.518,61 EUR) als Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers geltend. Das Finanzamt versagte den Werbungskostenabzug mit der Begründung, dass der Klägerin im Verwaltungsgebäude ihres Arbeitgebers ein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe.

Entscheidung

Die Klage blieb erfolglos. Aufwendungen für einen Telearbeitsplatz im häuslichen Arbeitszimmer können nur dann abzugsfähig sein, wenn dem Arbeitnehmer kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Im vorliegenden Fall habe der Klägerin nicht nur vormittags, sondern auch an den Nachmittagen ein anderer Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten ihres Arbeitgebers zur Verfügung gestanden. Es sei ihr nicht untersagt gewesen, ihren dienstlichen Arbeitsplatz auch nachmittags weiterhin zu nutzen. Die Nutzung dieses Arbeitsplatzes sei auch nicht deshalb eingeschränkt gewesen, weil ihn im Bedarfsfall bzw. in Zeiten bestehender Raumnot auch andere Kolleginnen und Kollegen genutzt hätten. Ihr Einwand, sie arbeite zu Hause auch außerhalb der Dienstzeiten, habe ebenfalls keinen Erfolg.

Dass sie alleinerziehende Mutter sei und ihren dienstlichen Arbeitsplatz wegen der Kinderbetreuung nicht nutzen könne, sei steuerrechtlich grundsätzlich unbeachtlich. Dabei handele es sich nämlich um private Gründe, auch wenn Ehe und Familie verfassungsrechtlich geschützt seien. Der Gesetzgeber habe speziell für Alleinerziehende eine Steuervergünstigung geschaffen (Entlastungsbetrag für Alleinerziehende). Diese Förderung, die auch die Klägerin erhalten habe, sei ausreichend, sodass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Abzugsbeschränkung für das häusliche Arbeitszimmer ersichtlich seien.

13. Ausbildung und Studium: Wann liegt eine einheitliche Ausbildung vor?

Besteht eine Ausbildung aus mehreren Teilen, z. B. betriebliche Ausbildung und anschließendes Studium, stellt sich die Frage: Liegt eine einheitliche Ausbildung vor? Oder ist das Studium eine Zweitausbildung?

Hintergrund

Die Tochter des Klägers schloss ihre Schulausbildung im März 2011 mit dem Abitur ab. Anschließend absolvierte sie eine Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen, die sie am 22.1.2014 erfolgreich abschloss. Im September 2014 begann sie berufsbegleitend ein Studium mit der Fachrichtung "Betriebswirt (VWA)". Sie reduzierte die Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden. Die Familienkasse vertrat die Auffassung, dass das Kind mit der Abschlussprüfung zur Kauffrau im Gesundheitswesen eine abgeschlossene Ausbildung habe und das nachfolgend begonnene Studium als Zweitstudium anzusehen sei, sodass Kindergeld aufgrund der mit mehr als 20 Wochenstunden nachgegangenen Erwerbstätigkeit nicht mehr zu gewähren sei.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass die Ausbildung des Kindes zur Kauffrau im Gesundheitswesen als erstmalige Berufsausbildung anzusehen ist.

Zwar können mehraktige Ausbildungsmaßnahmen Teil einer einheitlichen Erstausbildung sein, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das angestrebte Berufsziel erst über den weiter führenden Abschluss erreicht werden kann. Hierfür ist jedoch Voraussetzung, dass die einzelnen Ausbildungsabschnitte integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung sind und die Klammer zwischen den beiden Ausbildungsabschnitten durch den Anbieter des Ausbildungsganges gebildet wird.

Hier hatte das Kind jedoch selbst von vornherein eine praktische Ausbildung mit anschließendem Aufbaustudium geplant, um sein eigentliches Berufsziel zu erreichen.

14. Schenkung: Wann der Mangel der Form geheilt ist

Wird eine Schenkung ohne Einhaltung der Form versprochen und erst nach dem Tod des Schenkenden vollzogen, gilt auch in diesem Fall durch die Bewirkung der versprochenen Leistung der Mangel der Form als geheilt.

Hintergrund

Der Vater (V) und die Mutter (M) des Sohnes (S) unterhielten ein Gemeinschaftskonto bei einer Bank. V verstarb am 25.11.2003. Alleinerbin war M. M hatte am 10.11.2003, also noch zu Lebzeiten des V, einen Überweisungsauftrag erstellt, das Guthaben des Gemeinschaftskontos auf ein Konto des S zu überweisen. Die Gutschrift erfolgte allerdings erst nach dem Tod des V am 9.1.2004.

Das Finanzamt ging davon aus, 1/3 des Guthabens sei S bereits vor der Überweisung auf sein eigenes Konto zuzurechnen gewesen. Das restliche Guthaben habe ihm allein M mit der Gutschrift am 9.1.2004 zugewendet, da V zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war und sein Vermögen, also auch dessen Anteil an dem Guthaben, bereits auf M übergegangen sei. Ein wirksames Schenkungsversprechen der Eltern gegenüber S habe es bis dahin nicht gegeben.

Das Finanzgericht wies die Klage mit der Begründung ab, eine Schenkung von Kontoguthaben sei erst mit der Gutschrift auf dem Konto des Beschenkten und nicht bereits mit dem Ausfüllen und Absenden des Überweisungsträgers ausgeführt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts auf. Die Begründung: Zwar ist ein Schenkungsversprechen nur bei notarieller Beurkundung gültig. Allerdings wird der Mangel der Form durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt. Der Heilung eines formnichtigen Schenkungsversprechens steht nicht entgegen, wenn die Leistung erst nach dem Tode des Schenkers aus dessen Vermögen bewirkt wird. Insoweit ist von einer Zuwendung des verstorbenen Schenkers auszugehen. Dementsprechend ist auch der verstorbene Schenker (Erblasser) schenkungsteuerrechtlich Zuwendender, wenn er vor seinem Ableben ein formnichtiges Schenkungsversprechen abgegeben hat und dieses erst nach seinem Tod durch Bewirken der Leistung aus dem von ihm stammenden Vermögen geheilt wird.

V kann also seinen Teil des Guthabens dem S zugewendet haben, soweit die von M veranlasste Umbuchung des Guthabens auf einem dem S gegenüber mündlich erklärten Schenkungsversprechen des V beruht und als Bewirken der von V versprochenen Leistung anzusehen ist.

15. Pflichtveranlagungsgrenze: Wann sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu berücksichtigen?

Positive Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften sind bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung die auf Ebene der Einkünfte zu berücksichtigen, und nicht erst als Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte.

Hintergrund

Der Kläger reichte seine Einkommensteuer-Erklärung für das Jahr 2006 am 16.8.2011 beim Finanzamt ein. Neben Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit erklärte er Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i. H. v. 2.110 EUR. Zum 31.12.2005 waren nicht ausgeglichene Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften i. H. v. 1.923 EUR festgestellt worden. Das Finanzamt nahm daher wegen Unterschreitens der Pflichtveranlagungsgrenze von 410 EUR eine Antragsveranlagung an und lehnte diese wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist ab. Der Kläger war dagegen der Meinung, dass eine Verrechnung des vortragsfähigen Verlustes erst vom Gesamtbetrag der Einkünfte zu erfolgen hat, sodass die Pflichtveranlagungsgrenze überschritten war.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg, denn das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Der Verlustabzug muss bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte erfolgen. Dafür spreche, dass die Ausführungen zur Verlustverrechnung ausdrücklich in die Vorschrift über die privaten Veräußerungsgeschäfte aufgenommen und dabei ein Verlustabzug in anderen Kalenderjahren ausgeschlossen worden sei. Der Wortlaut der Vorschrift sehe ausdrücklich eine Verlustverrechnung mit den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften vor.

Diese Verlustverrechnung auf Einkunftsebene sei auch im Rahmen Veranlagung zu berücksichtigen, sodass im Streitfall eine Antragsveranlagung wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist zum 31.12.2010 nicht mehr in Frage komme.

16. Falsche Beschuldigungen gegenüber dem Vermieter: Fristlose Kündigung gerechtfertigt

Mieter sollten ihren Vermieter nicht beschimpfen und sich vor falschen Beschuldigungen hüten. Denn sonst darf der Vermieter fristlos kündigen.

Hintergrund

Der Vermieter einer hatte das Mietverhältnis fristlos gekündigt, weil die Mieterin gegenüber Dritten ehrverletzende Aussagen über ihn gemacht habe.

Konkret wirft der Vermieter der Mieterin vor, sich gegenüber weiteren Mietern im Haus zu seiner Person abfällig geäußert zu haben. Sie habe behauptet, er sei so geldgierig, dass man das auf keinen Fall dulden dürfe. Er würde Mieter abzocken und habe sie bei einem Besuch in der Wohnung sexuell belästigt.

Die anderen Mieter bestätigten die Darstellung des Vermieters.

Entscheidung

Die Kündigung ist wirksam.

Die Anschuldigungen der Mieterin sind derart massiv, dass dem Vermieter nicht zugemutet werden kann, das Mietverhältnis fortzusetzen. Der Vermieter hat die Mieterin nicht provoziert oder sich sonst falsch verhalten. Die Mieterin hat völlig ohne Anlass falsche Behauptungen gegenüber den Mitmietern aufgestellt. Diese sind geeignet, die Ehre des Vermieters nachhaltig zu beschädigen.

17. Wohnungseigentum: Darf die Gemeinschaft einen hohen Kredit aufnehmen?

Entspricht die Aufnahme eines hohen Darlehens durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsgemäßer Verwaltung? Das entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Hintergrund

Die Anlage, die aus 201 Einheiten besteht, wurde in den 1980er-Jahren errichtet. In einer Eigentümerversammlung im August 2013 beschlossen die Wohnungseigentümer, eine Fassadensanierung mit förderfähiger Wärmedämmung durchzuführen. Die Kosten wurden mit 2 Mio. EUR veranschlagt.

Sie beschlossen, einen KfW-Förderkredit über 1.320.000 EUR aufzunehmen. Der Zinssatz belief sich auf 0 % und die Laufzeit auf 10 Jahre. Der restliche Betrag für die Sanierungsmaßnahme sollte über die Instandhaltungsrücklage aufgebracht werden.

Eine Wohnungseigentümerin hat gegen den Beschluss über die Darlehensaufnahme geklagt.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Zwar kann auch die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Im konkreten Fall hält der Bundesgerichtshof den Beschluss über die Kreditaufnahme allerdings nicht für ordnungsgemäß.

Im Wohnungseigentumsgesetz gibt es keine Anhaltspunkte, dass die Gemeinschaft einen Kredit nur in besonderen Ausnahmefällen aufnehmen kann. Allerdings muss das besondere Haftungsrisiko berücksichtigt werden. Wenn einzelne Wohnungseigentümer nicht zahlen, müssen die daraus resultierenden Fehlbeträge durch entsprechend höhere Beiträge der übrigen Eigentümer oder eine Sonderumlage ausgeglichen werden.

Eine solche Nachschusspflicht kann zwar auch entstehen, wenn ein Vorhaben durch eine Sonderumlage finanziert wird und sich diese bei einzelnen Eigentümern als uneinbringlich erweist. Da eine Sonderumlage von den aktuellen Wohnungseigentümern aufzubringen ist, wird aber meist hinreichend sicher bekannt sein, ob mit einem Zahlungsausfall zu rechnen ist. Bei einem Darlehen hingegen lässt sich das Risiko, dass einzelne Eigentümer nicht zahlen können, nur sehr begrenzt abschätzen. Zuverlässige Prognosen über die Bonität der Wohnungseigentümer sind schon wegen der meist langen Laufzeit des Darlehens nicht möglich. Außerdem muss stets damit gerechnet werden, dass sich die Zusammensetzung der Gemeinschaft durch Eigentümerwechsel ändert.

Vor der Beschlussfassung muss wegen des in die Zukunft verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung erörtert werden. Dies ist im Versammlungsprotokoll zu dokumentieren.

Im vorliegenden Fall sah der BGH den Kreditbeschluss deshalb nicht als ordnungsgemäß an, weil aus dem Versammlungsprotokoll nicht ersichtlich ist, dass die Eigentümer über das Risiko einer Nachschusspflicht unterrichtet worden sind.

18. Baum gefällt: Vermieter muss Kosten selbst tragen

Lässt der Vermieter einen Baum fällen, darf er die dafür anfallenden Kosten nicht auf die Mieter umlegen. Denn diese Aufwendungen zählen nicht zu den Betriebskosten.

Hintergrund

Der Vermieter hatte einen Baum fällen lassen. Dieser war bei einem Sturm umgeknickt und teilweise auf das Nachbargrundstück gefallen. Für das Fällen des Baumes entstanden Kosten von fast 1.800 EUR. Diese hat der Vermieter anteilig in die umstrittene Betriebskostenabrechnung eingestellt. Damit waren die Mieter nicht einverstanden.

Entscheidung

Die Kosten für das Baumfällen durfte der Vermieter nicht als Betriebskosten auf die Mieter umlegen. Die Kostenposition erfüllt nicht den Betriebskostenbegriff.

Kosten für das Baumfällen sind nicht mit regelmäßig wiederkehrenden Kosten wie z. B. der Reinigung des Öltanks etwa alle fünf Jahre oder dem regelmäßigen Rückschnitt von Bäumen und Sträuchern vergleichbar. Daher kann der Vermieter die Kosten, die anfallen, wenn er einen Baum fällen lässt, nicht auf die Mieter umlegen.

Das Entstehen derartiger Kosten ist für den Mieter überraschend und nicht kalkulierbar. Aufgrund der jahrzehntelangen Lebensdauer von Bäumen muss ein Mieter nicht damit rechnen, plötzlich und unvorhersehbar in einem Jahr mit Kosten für das Fällen belastet zu werden.

19. Unfall beim Kolonnenfahren: Kein Schadensersatz

Verkehrsregeln gelten auch für Motorradfahrer, die in einer Kolonne unterwegs sind. Vor allem sollte auf ausreichend Sicherheitsabstand geachtet werden. Passiert ein Auffahrunfall wegen zu dichtem Auffahren, gibt es keinen Schadensersatz.

Hintergrund

Vier Motorradfahrer fahren in einer Gruppe Kolonne. Der erste kollidiert in einer Kurve mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Zu Fall kommen auch die beiden nachfolgenden Fahrer. Lediglich der letzte rettet sich durch ein Ausweichmanöver.

Der zweite Fahrer der Kolonne erleidet starke Verletzungen. Sein Motorrad ist Schrott. Von seinem Hintermann verlangt er Schadensersatz. Denn er habe noch rechtzeitig abgebremst. Der Beklagte sei auf ihn aufgefahren und habe ihn mitgeschleppt. Beides sei nur passiert, weil der Beklagte den Sicherheitsabstand nicht eingehalten habe.

29 Meter hätte der Sicherheitsabstand bei der Geschwindigkeit von 60 km/h betragen müssen. Tatsächlich waren es gerade einmal 5 Meter.

Entscheidung

Für das Gericht war entscheidend, dass sämtliche Teilnehmer der Gruppe billigend in Kauf nahmen, dass entweder sie selbst oder der hinter ihnen fahrende Fahrer bei einer Unfallsituation nicht ausreichend bremsen konnte und es mithin zu Schädigungen der anderen Gruppenteilnehmer kommen konnte.

In so einer Situation kann nicht einer mit einem höheren Haftungsrisiko belastet werden als ein anderer. Das verabredungsgemäße Fahren im Pulk war besonders gefährlich, weil die Beteiligten damit auf den in der Straßenverkehrsordnung vorgeschriebenen Sicherheitsabstand zum Vorder- und Hintermann verzichteten. Dieses Verhalten geht unmittelbar und unweigerlich mit erhöhten Sturzrisiken einher.

Eine grobe Fahrlässigkeit des beklagten Motorradfahrers sah das Gericht nicht. Dass dieser nicht ausreichend gebremst habe, sei lediglich darauf zurückzuführen, dass er aufgrund des nicht eingehaltenen Sicherheitsabstandes nicht mehr reagieren konnte.

Da sich die Beteiligten durch ihr Verhalten stillschweigend auf eine gemeinsame Regelverletzung geeinigt haben, nämlich die Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes, folgt daraus zwingend ein Verzicht auf Schadensersatzansprüche aus einer derartigen Regelverletzung. Der verletzte Motorradfahrer hat folglich keine Ansprüche gegen den hinter ihm fahrenden Motorradfahrer.

20. Sparguthaben der Kinder: Wann Eltern es verwenden dürfen

Hebt eine Mutter von dem Sparkonto ihres minderjährigen Kindes Geld ab, um davon Gegenstände für das Kind zu kaufen, handelt sie widerrechtlich und ist gegenüber ihrem Kind sogar zum Schadensersatz verpflichtet.

Hintergrund

Der 7-jährige Antragsteller, gesetzlich vertreten durch seinen allein sorgeberechtigten Vater, verlangte das Geld zurück, das die Mutter nach der Trennung vom Vater vom Sparbuch des Kindes abgehoben hatte. Von den knapp 2.400 EUR bezahlte sie u. a. ein Kinderbett plus Lattenrost und Matratze, Kinderkleidung und Spielzeug sowie eine Waschmaschine und einen Trockner. Der Vater war der Ansicht, dass die Kindesmutter zur Abhebung nicht berechtigt gewesen sei. Sie habe durch ihr Verhalten das Vermögen des gemeinsamen Kindes pflichtwidrig und schuldhaft geschädigt.

Entscheidung

Das Gericht bestätigte einen Schadensersatzanspruch und verurteilte die Mutter zur Rückzahlung des Betrags. Die Großeltern väterlicherseits hatten, nachdem sie das Geld eingezahlt hatten, das Sparbuch nicht behalten, sondern dem Verfügungsbereich des Kindes zukommen lassen. Weitere Zahlungen erfolgten von dem Kindesvater mit dem Vermerk "Geburts- und Taufgeld". Die auf dem Sparkonto befindlichen Beträge seien daher kein eigenes Geld des Einzahlers oder der Kindeseltern, sodass hier von einem Vertrag zugunsten Dritter auszugehen sei. Bei den Abhebungen der Mutter handle es sich daher um ein pflichtwidriges Verhalten, welches eine entsprechende Schadensersatzpflicht nach sich ziehe.

Unerheblich sei auch, ob von dem Geld Gegenstände für das Kind gekauft wurden. Denn auch die Ausstattung des Kindes mit Einrichtungsgegenständen und Bekleidung haben die Eltern im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht aus eigenen Mitteln zu bestreiten.

21. Arbeitsunfall in der Pause nur bei einem besonderen betrieblichen Bezug

Pausen sind normalerweise Privatsache und ein Unfall in der Pause deshalb kein Arbeitsunfall. Das gilt auch, wenn die Pause in einem vom Betrieb zur Verfügung gestellten Mitarbeiter-Casino verbracht wird – es sei denn, es besteht ein besonderer betrieblicher Bezug.

Hintergrund

Eine Verkäuferin hatte sich nachmittags zu einer Kaffeepause in das vom Betrieb den Mitarbeitern zur Verfügung gestellte Casino begeben. Die Arbeitszeit hatte sie zuvor "ausgestochen". Auf einer Treppe rutschte sie mit dem linken Fuß weg. Hierdurch zog sie sich eine Distorsion des oberen Sprunggelenks links mit einer Ruptur des vorderen Außenbandes zu.

Die betriebliche Unfallversicherung lehnte eine Entschädigung der Mitarbeiterin ab. Nach Auffassung der Versicherung hatte die Mitarbeiterin mit Betreten des Mitarbeiter-Casinos zum Zwecke der Nahrungsaufnahme ihre betriebliche Mitarbeitertätigkeit beendet bzw. unterbrochen. Die Nahrungsaufnahme im Casino sei als nicht versicherte eigenwirtschaftliche Tätigkeit zu qualifizieren.

Entscheidung

Das Landessozialgericht wies die Klage der Verkäuferin ab. Nach Auffassung des Gerichts gehören Verrichtungen des Betroffenen dann zum Beschäftigungsverhältnis, wenn ein innerer Zurechnungszusammenhang besteht. Dies bedeute, dass nicht alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstelle versichert seien. Dies folge daraus, dass nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit unter den Versicherungsschutz fielen. Eigenwirtschaftliche Tätigkeiten, wie z. B. das Einkaufen persönlicher Gegenstände führten demgegenüber zu einer Unterbrechung der versicherten Tätigkeit.

Im konkreten Fall sei eine wertende Entscheidung zu treffen, die sich an der Handlungstendenz der Beschäftigten zum Zeitpunkt des Unfallereignisses orientiere. Wesentlich für die Beurteilung sei, ob die Tätigkeit der Versicherten dem Unternehmen diene oder eher den Interessen der Versicherten.

Die Klägerin hatte sich zum Zeitpunkt des Unfallereignisses in einer Erholungspause befunden. Sie hatte "ausgestochen", d. h. die Pause war in der Arbeitszeiterfassung des Betriebes registriert. Sie hielt sich nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz auf, sondern im Mitarbeiter-Casino, das zwar vom Betrieb zur Verfügung gestellt wurde, das aber dem Erholungsinteresse der Mitarbeiter diente. Die Pause der Klägerin habe damit ihre eigenwirtschaftlichen Interessen bedient und nicht den Interessen des Betriebes gedient.

22. Wann darf eine Internet-Auktion vorzeitig abgebrochen werden?

Hatte ein Anbieter beim Start einer Internet-Auktion eine fehlerhafte Vorstellung über ein Merkmal der Kaufsache, darf er die Auktion vorzeitig abzubrechen. Ein Kaufvertrag mit dem zu diesem Zeitpunkt Höchstbietenden kommt in diesem Fall nicht zu Stande.

Hintergrund

Ein Autobesitzer bot über die Internetplattform eBay sein Auto zu einem Startpreis von 1 EUR an. Die Auktion war auf 10 Tage angesetzt. Als sein Sohn einen Schaden am Katalysator des Autos feststellte, brach der Anbieter die Auktion vorzeitig ab. Der zu diesem Zeitpunkt Höchstbietende machte gegenüber dem Anbieter Schadensersatz geltend.

Entscheidung

Die Klage des Höchstbietenden auf Schadensersatz hatte keinen Erfolg. Das Gericht verneinte bereits das Zustandekommen eines Kaufvertrages.

Der Beklagte hat mit einem Startpreis von 1 EUR ein verbindliches Verkaufsangebot abgegeben, das innerhalb der auf 10 Tage angesetzten Laufzeit letztlich durch das höchste Gebot modifiziert werden sollte. Das Angebot stehe allerdings unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay werde dem Anbietenden das Recht eingeräumt, sein Angebot unter bestimmten Voraussetzungen vor Ablauf der festgesetzten Auktionszeit zurückzunehmen, beispielsweise wenn er sich bei Einstellen des Artikels geirrt habe oder der zu verkaufende Artikel während der Angebotsdauer beschädigt wird oder verloren geht.

Die spätere Entdeckung eines bei Einstellen des Angebots versteckten Mangels wird in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausdrücklich geregelt. Dies ist nach Auffassung des Gerichts allerdings auch nicht erforderlich, denn die entsprechende Vorschrift erlaube den Ausstieg aus der Auktion allgemein für die Fälle, in denen der Anbieter sich geirrt habe. Ein solcher Irrtum sei auch dann gegeben, wenn die Kaufsache einen versteckten Mangel aufweise, den der Anbieter erst während des Laufs der Auktion entdecke. Ein solcher zur Angebotsrücknahme berechtigender Irrtum liege jedenfalls dann vor, wenn infolge eines zuvor nicht erkannten Defekts die Kaufsache nicht gebrauchstauglich sei.

23. Auslandsführerschein: Fehlende Umschreibung kann teuer werden

Eine ausländische Fahrerlaubnis muss in eine deutsche Fahrerlaubnis umgeschrieben werden. Ansonsten droht im Fall eines Verkehrsunfalls eine Regresspflicht des Führerscheininhabers gegenüber der Haftpflichtversicherung.

Hintergrund

Die aus Kroatien stammende Fahrzeugführerin, die in Deutschland lebte, hatte ihren kroatischen Führerschein nicht umschreiben lassen. Infolge eines von ihr schuldhaft verursachten Verkehrsunfalls, musste die Haftpflichtversicherung Schadensersatz an die Unfallgegnerin zahlen.

Nachdem die Versicherung erfahren hatte, dass die Versicherungsnehmerin lediglich die kroatische Fahrerlaubnis besaß, nahm sie diese auf Zahlung eines Teilbetrages des geleisteten Schadensersatzes in Regress. Die Versicherungsnehmerin widersetzte sich der Regressforderung.

Entscheidung

Das Gericht stellte sich auf die Seite der Versicherung.

Bei Verletzung bestimmter Pflichten durch den Versicherungsnehmer entfällt der Versicherungsschutz. Zu den Pflichten gehört u. a., dass ein Fahrzeug nur mit der vorgeschriebenen Fahrerlaubnis geführt werden darf. Verletzt der Versicherungsnehmer die Pflicht grob fahrlässig, so ist die Versicherung nach dieser Vorschrift berechtigt, die Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Einen Pflichtverstoß sah das Gericht darin, dass die Beklagte den kroatischen Führerschein nicht in eine deutsche Fahrerlaubnis hatte umschreiben lassen.

Die Einwendungen der Beklagten, dass die Umschreibung lediglich eine Formsache gewesen sei, überzeugte das Gericht nicht. Denn bei der Umschreibung werde die Echtheit des kroatischen Führerscheins und die Berechtigung des Inhabers hinsichtlich des Führens der Fahrerlaubnis geprüft. Damit sei die Umschreibung mehr als eine reine Formalität, vielmehr bringe sie sowohl für die am Straßenverkehr Beteiligten als auch für die Versicherung die Gewissheit, dass der Betreffende zu Recht im Besitz einer Fahrerlaubnis sei. Dabei habe die Beklagte zumindest grob fahrlässig gehandelt.

Der Beklagten half auch die Einwendung nichts, an dem Unfallgeschehen und der dadurch folgenden Eintrittspflicht der Versicherung habe sich durch die fehlende Umschreibung nichts geändert. Die Beklagte hätte nach Auffassung des Gerichts darlegen und beweisen müssen, dass der Unfall auch bei Innehaben der erforderlichen Fahrerlaubnis in gleicher Weise geschehen sei. Dies habe sie nicht getan.



Sie haben noch Fragen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wir beraten Sie gerne.

Mit freundlichen Grüßen




Stephan Gißewski
Steuerberater


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Tel.: 05231 / 933 460
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